05.09.2013
Diego Rivera
Diego María de la Concepción Juan Nepomuceno Estanislao de la Rivera y Barrientos Acosta y Rodríguez (* 8. Dezember oder 13. Dezember 1886 in Guanajuato; † 24. November 1957 in Mexiko-Stadt) war ein mexikanischer Maler. Er gilt neben David Alfaro Siqueiros und José Clemente Orozco als bedeutendster Maler der Moderne in Mexiko. Gemeinsam wurden sie als Los Tres Grandes (Die großen Drei) bezeichnet.
Von 1907 bis 1921 arbeitete Diego Rivera in Europa, zu Beginn und Ende der 1930er-Jahre in den Vereinigten Staaten. In seinen Tafelbildern adaptierte Rivera in schneller Folge viele verschiedene Stilrichtungen und beschäftigte sich längere Zeit mit dem Kubismus. Während seiner Zeit in Europa stand er in Kontakt mit führenden Vertretern der Modernen Kunst wie Picasso, Braque und Gris. Nach seiner Rückkehr nach Mexiko arbeitete Diego Rivera vor allem an seinen großen Wandbildprojekten, die er etwa im Palacio Nacional, dem Palacio de Bellas Artes, dem Secretaría de Educación Pública und in verschiedenen Institutionen in den Vereinigten Staaten malte. Diese von ihm als Beitrag zur Volksbildung verstandenen Murales trugen einen Großteil zur Bekanntheit und zum Erfolg Riveras bei. Hinter ihnen traten die weiteren Facetten seines Gesamtwerkes zurück.
Die genaue Zahl seiner Tafelbilder ist nicht bekannt, es werden immer noch bisher nicht bekannte Ölgemälde Riveras gefunden. Viele von ihnen waren Porträts und Selbstporträts, eine große Zahl zeigte auch mexikanische Motive. Besonders letztere sowie Variationen seiner Muralesmotive waren bei amerikanischen Touristen beliebt. Darüber hinaus fertigte Rivera aber auch Zeichnungen und Illustrationen an und entwarf für eine Theaterproduktion Kostüme und Bühnenbild. Diese Aspekte seines Gesamtwerkes wurden in der Literatur zu Rivera bisher noch nicht ausführlich behandelt.
Rivera trat 1922 der Kommunistischen Partei Mexikos bei und gehörte eine Zeit lang deren Exekutivkomitee an. Er reiste 1927 anlässlich des Jubiläums der Oktoberrevolution in die Sowjetunion und wollte dort zur künstlerischen Entwicklung beitragen; wegen seiner Kritik an der stalinistischen Politik wurde ihm jedoch die Rückkehr nach Mexiko nahegelegt. Aufgrund seiner kritischen Position zu Josef Stalin und den von Rivera angenommenen Regierungsaufträgen schloss ihn die Kommunistische Partei Mexikos 1929 aus, akzeptierte aber 1954 eines seiner Gesuche um Wiederaufnahme.
In den 1930er Jahren wandte sich Rivera den Ideen des Trotzkismus zu. Er setzte sich dafür ein, dass Leo Trotzki in Mexiko Exil erhielt, und beherbergte ihn kurzzeitig in seinem Haus. Nach politischen und persönlichen Auseinandersetzungen mit Trotzki brach der mexikanische Künstler 1939 die Verbindung ab. Die politischen Überzeugungen Diego Riveras spiegelten sich auch in seinen Werken wider, in denen er kommunistische Ideen propagierte und immer wieder führende Persönlichkeiten des Sozialismus und Kommunismus verewigte. In Zusammenhang mit seinen politischen Aktivitäten publizierte Rivera auch Artikel und war an der Herausgabe linker Zeitschriften beteiligt. Rivera heiratete 1929 die Künstlerin Frida Kahlo, die seine politischen Überzeugungen teilte.
Rivera als politischer Künstler in Mexiko
Der Bildungsminister José Vasconcelos war der zentrale Impulsgeber des Muralismo und vergab Wandbildaufträge an Rivera.
Während sich Diego Rivera in Italien aufhielt, wurde 1920 José Vasconcelos von Präsident Alvaro Obregón zum Bildungsminister ernannt. Vasconcelos führte ein umfassendes Programm zur Volksbildung ein, das auch erzieherische und belehrende Wandbilder an und in öffentlichen Gebäuden vorsah. Mit ihnen wollte er im Anschluss an die Revolution die Ideale einer umfassenden kulturellen Reformbewegung verwirklichen, die eine ethnische und soziale Gleichstellung der indigenen Bevölkerung und die Etablierung einer eigenen mexikanischen Nationalkultur vorsah.
Kurz nach Riveras Ankunft in Paris im März 1921 kehrte er nach Mexiko zurück, da ihm die dortige politische und soziale Entwicklung attraktiv erschien. Er nahm Abstand von seiner Zeit in Europa, indem er, anstatt weiterhin den stilistischen Entwicklungen der Moderne zu folgen, seinen ganz eigenen Stil entwickelte, und ließ seine Lebensgefährtin, seine Geliebte und seine Tochter zurück. Lediglich seine Tochter Marika erhielt über Freunde Unterhaltszahlungen, obwohl Rivera die Vaterschaft nie offiziell anerkannte. Bereits kurz nach seiner Rückkehr im Juni 1921 nahm der Bildungsminister Rivera in das kulturelle Programm der Regierung auf. 1921 lud Vasconcelos Diego Rivera und weitere aus Europa zurückgekehrte Künstler und Intellektuelle auf eine Reise nach Yucatán ein. Sie sollten sich mit dem kulturellen und nationalen Erbe Mexikos vertraut machen, um dieses in ihre zukünftigen Arbeiten einfließen zu lassen. Rivera sah auf dieser Reise die archäologischen Stätten Uxmal und Chichén Itzá. Angeregt von den dort gesammelten Eindrücken entwickelte Rivera seine Vorstellungen von einer im Dienst des Volkes stehenden Kunst, die die Geschichte über Wandbilder vermitteln sollte.
Diego Rivera begann im Januar 1922 in der Escuela Nacional Preparatoria damit, sein erstes Wandgemälde zu malen. Dieses Projekt war der Auftakt und die Bewährungsprobe für das Wandbildprogramm der Regierung. Während mehrere Maler im Innenhof arbeiteten, fertigte Rivera in der Aula das Gemälde Die Schöpfung an. Die Arbeiten, bei denen er weitestgehend den traditionellen Methoden der Freskotechnik folgte, dauerten ein Jahr. Sein erstes Wandgemälde griff noch ein traditionell christliches und europäisches Motiv auf, auch wenn er dies mit einer typisch mexikanischen Farbigkeit und eben solchen Figurentypen kontrastierte. In den Tafelbildern nach seiner Rückkehr stand hingehen der mexikanische Alltag im Vordergrund. Rivera heiratete im Juni 1922 Guadelupe Marín, die ihm für eine der Figuren des Wandbildes Modell stand, nachdem er bereits zuvor mit einigen Modellen Verhältnisse gehabt hatte. Die beiden zogen in ein Haus in der Mixcalco-Straße.
Im Herbst 1922 beteiligte sich Diego Rivera an der Gründung des Sindicato Revolucionario de Trabajadores Técnicos, Pintores y Escultores, der revolutionären Gewerkschaft der technischen Arbeiter, Maler und Bildhauer, und lernte dort kommunistische Ideen kennen. In der Gewerkschaft war Rivera mit David Alfaro Siqueiros, Carlos Mérida, Xavier Guerrero, Amado de la Cueva, Fernando Leal, Ramón Alva Guadarrama, Fermín Revueltas, Germán Cueto und José Clemente Orozco verbunden. Ende 1922 trat Diego Rivera der Kommunistischen Partei Mexikos bei. Gemeinsam mit Siqueiros und Xavier Guerrero bildete er deren Exekutivkomitee.
Im März 1922 erhielt Rivera den Auftrag, die Secretaría de Educación Pública mit Fresken auszugestalten. Ab September 1922 arbeitete er an diesem Projekt, das er gleichzeitig leitete. Es handelte sich um den größten Auftrag im ersten Jahrzehnt des Muralismo. Die Arbeiten im Bildungsministerium zogen sich über Jahre hin. Da er nur zwei Dollar pro Tag mit diesen Arbeiten verdiente, verkaufte Diego Rivera Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle an Sammler, die vorwiegend aus Nordamerika stammten. 1924 kam Riveras Tochter Guadelupe zur Welt. In diesem Jahr gab es erhebliche Konflikte um das Wandmalereiprojekt im Bildungsministerium. Konservative Gruppen lehnten die Wandmalerei ab, Bildungsminister Vasconceles trat zurück und die Arbeiten am Projekt wurden eingestellt. Nach der Entlassung der Mehrzahl der Maler konnte Rivera den neuen Bildungsminister José María Puig Casaurac von der Bedeutung der Murales überzeugen und behielt daraufhin seine Anstellung, um die Gemälde zu vollenden. Ende des Jahres 1924 erhielt er neben seinen Arbeiten im Bildungsministerium den Auftrag, Wandgemälde in der Escuela Nacional de Agricultura in Chapingo zu malen. Dort schuf er dekorative Wandbilder für die Eingangshalle, den Treppenaufgang und die Empfangshalle in der ersten Etage und 1926 die Wände der Aula. Sowohl seine schwangere Frau als auch Tina Modotti standen für Rivera bei diesem Projekt Modell. Mit Modotti ging er ein Verhältnis ein, was zur vorläufigen Trennung von Guadalupe Marín führte. Nach der Geburt seiner Tochter Ruth verließ Diego Rivera 1927 seine Frau.
Reise in die Sowjetunion und Erfolge in Mexiko
Im Herbst 1927, nachdem er die Arbeiten in Chapingo abgeschlossen hatte, reiste Diego Rivera anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Oktoberrevolution als Mitglied der offiziellen Delegation der Kommunistischen Partei Mexikos in die Sowjetunion. Bereits in seinen Pariser Jahren wollte Rivera die UdSSR besuchen, nun hoffte er, von der dortigen Entwicklung der Kunst zu profitieren, und wollte mit einem eigenen Wandgemälde einen Beitrag zur sowjetischen Kunst leisten. Die Reise führte über Berlin, wo er Intellektuelle und Künstler traf, nach Moskau, wo er sich neun Monate lang aufhielt. Dort hielt er Vorträge und unterrichtete Monumentalmalerei an der Schule für bildende Kunst. Rivera hatte Kontakt zur Künstlergruppe Oktober, die für eine den Volkstraditionen folgende öffentliche Kunst eintrat. Bei den Feierlichkeiten zum 1. Mai 1928 fertigte er Skizzen für ein im Club der Roten Armee geplantes Wandgemälde an, das jedoch wegen Intrigen und Unstimmigkeiten nicht zur Ausführung kam. Aufgrund unterschiedlicher politischer und künstlerischer Ansichten legte die stalinistische Regierung Diego Rivera die Rückkehr nach Mexiko nahe.
1928 kehrte er aus der Sowjetunion zurück und trennte sich endgültig von Guadelupe Marín. Er beendete in diesem Jahr die Wandgemälde im Bildungsministerium und in Chapingo. Während er seine Arbeiten im Bildungsministerium fertigstellte, erhielt er Besuch von Frida Kahlo, die ihm ihre ersten Malversuche zeigte und um seine Meinung bat. Aufgrund von Riveras positiver Reaktion entschloss sie sich, sich ganz der Malerei zu widmen. Am 21. August 1929 heiratete Diego Rivera die 21 Jahre jüngere Malerin. Kurz zuvor war Rivera von den Schülern der Kunstschule der Academia de San Carlos zum Direktor gewählt worden. Seine Konzepte gerieten jedoch stark in die Kritik seitens der Medien und konservativer Kräfte. Er erarbeitete einen neuen Stundenplan und räumte den Schülern große Mitsprachemöglichkeiten bei der Lehrer-, Personal- und Methodenwahl ein. Riveras Reformen wurden vor allem von Lehrern und Schülern der im selben Gebäude untergebrachten Architekturschule kritisiert, ihnen schlossen sich konservative Künstler und auch Mitglieder der kommunistischen Partei, aus der Diego Rivera im September 1929 ausgeschlossen wurde, an. Schließlich gab die Verwaltung der Akademie den Protesten nach und entließ Diego Rivera Mitte des Jahres 1930. Der Ausschluss aus der Kommunistischen Partei war die Folge von Riveras kritischer Position gegenüber Josef Stalin und dessen Politik sowie der Annahme von Aufträgen der Regierung unter Präsident Plutarco Elías Calles.
Rivera erhielt 1929 den Auftrag, den Treppenaufgang des Palacio Nacional in Mexiko-Stadt auszumalen, zudem malte er ein Wandgemälde für die Secretaría de Salud. Noch während der Arbeiten im Regierungssitz, die Rivera mehrere Jahre beschäftigen sollten, beauftragte der Botschafter der USA in Mexiko, Dwight W. Morrow, Diego Rivera damit, ein Wandgemälde im Palacio de Cortés von Cuernavaca auszuführen. Für diesen Auftrag erhielt er mit 12.000 Dollar sein bisher höchstes Honorar. Nach Beendigung dieses Auftrages im Herbst 1930 nahm Rivera das Angebot an, in den Vereinigten Staaten Wandgemälde anzufertigen. Dieser Entschluss wurde von der kommunistischen Presse in Mexiko scharf kritisiert.